Es geht offensichtlich auch ohne Coach. Die Tischtennis-Frauen der SV Böblingen spielten am Wochenende zweimal 5:5, ihre Wunsch-Ergebnisse. Zuerst bei TTG Bingen/Münster-Sarmsheim, dann zu Hause gegen den deutschen Meister TTC Berlin Eastside.
In einem wilden Bundesliga-Spiel in der Halle „Am Mäuseturm“ wurden am Samstag die Punkte geteilt. Bingen trat ohne die US-Amerikanerin Sally Moyland an. Beide Doppel waren hart umkämpft. Annett Kaufmann/Yoshida gewannen für Böblingen in fünf Sätzen, Gotsch/Alexandra Kaufmann gaben sich im vierten Satz erst mit 12:14 geschlagen. 1:1 also. Annett Kaufmann bog gegen die starke Kroatin Lea Rakovac im ersten Satz einen 3:9-Rückstand um. Im zweiten Satz trumpfte dann Lea Rakovac auf, im dritten und vierten Böblingens 17-Jährige mit enormer Spielfreude. Qianhong Gotsch musste nur im dritten Satz gegen die Tschechin Katerina Tomanovska zeitweise einem Rückstand hinterherlaufen. Sie löste diese Aufgabe aber mit all ihrer Routine mit 15:13. Zur Pause stand es 3:1 für Böblingen, ein Ergebnis nahe am Optimum.
Alexandra Kaufmann begann jeden Satz stark gegen die Russin Elena Kuzmina, konnte dieses hohe Niveau aber nicht halten. Wie im Doppel ging Mitsuki Yoshida auch im Einzel gegen die Tschechin Karolina Mynarova über fünf Sätze. Nach etlichen spektakulären Bällen triumphierte Böblingens Japanerin auch diesmal, 4:2 für die SVB. Anschließend gewann Qianhong Gotsch locker den ersten Satz gegen die 27-Jährige Lea Rakovac. Doch dann stellte sich die Bingerin erstaunlich gut auf das variable Spiel der Böblinger Nummer eins ein. 11:3 und 11:4 für Rakovac. Im vierten Satz war wieder Gotsch am Zuge mit einem überdeutlichen 11:1. Im fünften Satz dieser verrückten Partie ein schnelles 5:1 für Rakovac, am Ende 11:4. Lea Rakovac wiederholte damit ihren Sieg vom März diesen Jahres. Weiter ging es mit den Klatsche-Sätzen: 11:1 für Katerina Tomanovska gegen Annett Kaufmann. Ab dann wurde es wieder enger. Annett Kaufmann verlor den zweiten Satz knapp und gewann den dritten und vierten, genauso knapp. Der fünfte war dann eine klare Sache für die am Ende bärenstarke Böblingerin.
5:3 für die SVB, das Unentschieden war gesichert, doch mehr war für die SV Böblingen nicht drin. Denn Mitsuki Yoshida unterlag gegen Elena Kuzmina und Alexandra Kaufmann musste die Überlegenheit von Karolina Mynarova anerkennen. Bei der SV Böblingen war am Samstag wieder „Eigencoaching“ angesagt. „Das war okay so, ein Coach war nicht da, da haben wir uns gegenseitig betreut. Wir sind zufrieden, wir haben wie immer gekämpft und alles gegeben“, meinte Qianhong Gotsch zur Partie. Ihr verrücktes Spiel gegen Lea Rakovac kommentierte Böblingens Spitzenspielerin so: „Lea spielt hervorragend gegen Abwehr. Da muss ich Risiko gehen, also angreifen. Gelingt das, kann ich einen Satz hoch gewinnen. Falls nicht, verliere ich hoch.“
Die Ergebnisse (Bingen zuerst genannt): Rakovac/Mynarova – Gotsch/Alexandra Kaufmann 3:1, Tomanovska/Kuzmina – Annett Kaufmann/Yoshida 2:3, Rakovac – Annett Kaufmann 1:3, Tomanovska – Gotsch 0:3, Kuzmina – Alexandra Kaufmann 3:0, Mynarova – Yoshida 2:3, Rakovac – Gotsch 3:2, Tomanovska – Annett Kaufmann 2:3, Kuzmina – Yoshida 3:1, Mynarova – Alexandra Kaufmann 3:0.
Eigencoaching bei der SVB auch am Sonntag. Sönke Geil, frischgebackener Tischtennis-Trainer des Jahres in Deutschland, hatte sich kurzfristig krank gemeldet. Die Partie gegen die nicht in Bestbesetzung angetretenen Berlinerinnen begann mit Blumen von Organisations-Chefin Tamara Papadopoulos für Annett Kaufmann. Vor einer Woche gewann sie Silber im Doppel, Silber im Mixed und Bronze im Einzel bei der U19-WM.
Nach den Doppeln lag dann Böblingen schon 0:2 hinten. Gotsch/Alexandra Kaufmann verloren den vorentscheidenden dritten Satz mit 13:15, Annett/Kaufmann/Yoshida fanden überhaupt nicht in die Partie. Qianhong Gotsch und Ding Yaping sind schon seit 30 Jahren Rivalinnen, beide eigentlich Abwehrstateginnen. Die mit dem besseren Angriff würde gewinnen. An diesem Tag war das eindeutig Böblingens „Hongi“. Annett Kaufmann hatte gegen Sabina Surjan Probleme im zweiten Satz. Vorher und nachher bot sie wie gewohnt Power-Tischtennis vom Feinsten. Rückstand wettgemacht, 2:2 zur Pause.
Mitsuki Yoshida haderte gegen Kathrin Mühlbach lange mit ihrer unsicheren Rückhand. Ab dem dritten Satz wurde es besser, viel besser. Die Rückhand kam, mal mit Überschnitt, mal mit Gewalt. Mit 11:3 überrollte die Böblingerin ihre Gegnerin im fünften Satz. Alexandra Kaufmann spielte gegen das 13-Jährige Super-Talent Josi Neumann einen guten ersten und dritten Satz, mehr nicht. Qianhong Gotsch gegen Sabina Surjan, das sechste Match für Böblingens Seniorin in 18 Stunden, würde sich Kräfteverschleiß bemerkbar machen? Hongi kämpfte um jeden Ball, brachte enorm viel zurück und damit ihre Gegnerin zur Verzweiflung. Dann agierte Annett Kaufmann zu ungestüm gegen die felsenfeste Abwehr von Berlins Ding Yaping. 4:4 der Stand vor den letzten beiden Einzeln.
Alexandra Kaufmann konnte auch gegen Kathrin Mühlbach nichts ausrichten. Dafür bot Mitsuki Yoshida einen Thriller vom Feinsten. Gegen Josi Neumann begann sie wie in ihrem Einzel zuvor schwach. Wie zuvor zeigte Böblingens Japanerin jedoch enorme Comeback-Qualität, bog einen 0:2-Rückstand unter dem Jubel der heimischen Zuschauer in einen 3:2-Sieg um und sicherte der SVB das nicht mehr für möglich gehaltene Remis. Qianhong Gotsch zog das Fazit: „Ich bin zufrieden, das war heute super gut. Zwei Unentschieden am Wochenende gegen zwei Teams, die vor uns platziert sind, darunter den deutschen Meister, viel besser geht es nicht.“
Die Ergebnisse gegen Berlin (SVB zuerst genannt): Gotsch/Alexandra Kaufmann – Ding/Mühlbach 1:3, Annett Kaufmann/Yoshida – Surjan/Neumann 0:3, Gotsch – Ding 3:0, Annett Kaufmann – Surjan 3:1, Yoshida – Mühlbach 3:2, Alexandra Kaufmann – Neumann 0:3, Gotsch – Surjan 3:1, Annett Kaufmann – Ding 0:3, Yoshida – Neumann 3:2, Alexandra Kaufmann – Mühlbach 0:3.