Fünf Mal stand Annett Kaufmann in diesem Jahr in unterschiedlichsten Altersklassen bereits auf dem europäischen Thron, nun bei den U 15-Weltmeisterschaften im portugiesischen Vila Nova de Gaia musste die 15-jährige Bundesligaspielerin der SV Böblingen anderen den Vortritt lassen.
Es dauerte zumindest einen Tag, bis Kaufmann ihr Viertelfinal-Aus im Einzelwettbewerb akzeptierte. „Spielerisch und mental war ich heute einfach nicht so gut drauf“, sagte die ehrgeizige Bietigheimerin nach dem 2:4 gegen Ser Lin Qian aus Singapur. Für die entgangene, erhoffte Medaille im Einzel entschädigte der zweite Platz im U 15-Doppel an der Seite ihrer Nationalmannschaftskollegin Mia Griesel.
„Ich denke, es wird nicht meine letzte WM im Jugendbereich gewesen sein“, sagte Annett Kaufmann nach ihrer Rückkehr aus Portugal, „man muss einfach auch mal akzeptieren, wenn der Gegner besser war.“ Sicherlich wuchs ihre Kontrahentin aus Singapur im Viertelfinale phasenweise über sich hinaus, allerdings nutzte Annett Kaufmann auch die sich ihr bietenden Chancen nicht. „Ich bin eigentlich gut gestartet, aber selbst die 2:0-Satzführung brachte mir nicht die notwendige Sicherheit“, blickt die 15-jährige zurück, „ich habe mit selbst viel Druck gemacht. Und der fünfte Satz brachte dann halt die Entscheidung.“ In diesem führte die Linkshänderin mit 8:5, musste ihn dann aber noch mit 9:11 abgeben und fand dann im siebten Satz nicht mehr die richtigen Mittel (11:4, 13:11, 6:11, 4:11, 9:11, 7:11). „Man sah, dass Annett in dieser Partie auch viel mit sich selbst haderte“, sagt SVB-Manager Frank Tartsch, der wie viele Tischtennisfreunde die Partie live im Internet verfolgte. Im Achtelfinale hatte Kaufmann zuvor gegen die Russin Zlata Terekhova klar mit 4:0 Sätzen die Oberhand behalten.
Mit ihrer Nationalmannschaftskollegin Mia Griesel, Zweitligaspielerin vom MTV Tostedt, hat Annett Kaufmann in diesem Jahr bereits zahlreiche gemeinsame Auftritte absolviert, unter anderem wurden die beiden Team- und Doppel-Europameisterinnen im U 15-Bereich. Nun bei der WM harmonierten die beiden wieder prächtig, wenngleich zuerst das Mannschafts-Aus im Viertelfinale verkraftet werden musste. „Es war natürlich bitter, dass wir gleich im ersten Spiel auf die Japanerinnen trafen“, blickt Annett Kaufmann zurück, „aber wenn man Titel holen will, muss man halt gegen jeden gewinnen.“ Gegen das Team um die starke Miwa Harimoto hatten die topgesetzten DTTB-Spielerinnen durchaus ihre Chancen, viel fehlte auch nicht zur 2:1-Führung, aber die Offenburgerin Jele Stortz ließ drei Matchbälle ungenutzt. So blieb es beim Ehrenpunkt von Annett Kaufmann gegen Yuna Ojio.
Das Doppel Annett Kaufmann/Mia Griesel marschierte recht souverän bis ins Endspiel. Im Viertelfinale wurden Clea de Stoppeleire/Sophie Earley (Frankreich/Irland) in vier Sätzen bezwungen, in der Vorschlussrunde war die portugiesisch-walisische Formation Matilde Pinto/Anna Hursey beim 11:4, 11:5, 11:5 chancenlos. Im Endspiel gegen die beiden „Wunderkinder“ aus Ägypten und Japan, Hana Goda und Miwa Harimoto, war vor allem der erste Satz knapp (9:11), letztendlich blieb dem deutschen Doppel kein Satzgewinn vergönnt. „Allgemein war das schon ein knappes Spiel, ab eram Ende machten wir halt die spielentscheidenden Fehler“, analysierte Kaufmann, „aber Vizeweltmeister ist doch auch ein Riesenerfolg.“ Wer die strebsame SVB-Spielerin kennt, weiß, dass sie nur allzugerne ganz oben auf dem Treppchen gelandet wäre. Angesichts des spektakulären Sportjahres der 15-jährigen mit zahlreichen Erfolgen auf internationaler Ebene ist man als Betrachter der Szene beinahe geneigt zu sagen, dass Annett Kaufmann das eine oder andere Titelvorhaben auch noch für die Zukunft aufsparen sollte.