Die Jahresbilanz von Annett Kaufmann liest sich immer phänomenaler. Mit dem grandiosen Gewinn der U 21-Europameisterschaft fuhr das 15-jährige Ausnahmetalent nunmehr bereits den fünften kontinentalen Titel in diesem Jahr ein. Im belgischen Spa düpierte die junge Bundesligaspielerin der SV Böblingen die deutlich ältere Konkurrenz und geht als jüngste U 21-Gewinnerin in die EM-Historie ein.
„Age is just a number“, titelte der Deutsche Tischtennisbund auf seiner Facebook-Seite, der zudem bekannt gab, dass sich sowohl Annett Kaufmann als auch die Drittplatzierte Franziska Schreiner (TSV Langstadt) für die Erwachsenen-Europameisterschaften 2022 in München qualifizierten.
Im Finale besiegte die Bietigheimerin die fünf Jahre ältere Russin Mariia Tailakova mit 13:11, 6:11, 11:9, 11:8, 7:11 und 11:8. Für den Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) ist es der zweite Titelgewinn im Einzel nach dem Sieg von Chantal Mantz bei der Premierenveranstaltung im Jahr 2017. Nach den Erfolgen im Einzel, Doppel und mit der Mannschaft in der Altersklasse U 15 und mit dem deutschen Damenteam ist der überraschende EM-Triumph in Spa bereits der fünfte innerhalb von dreieinhalb Monaten für Annett Kaufmann.
Im Finale gegen die fünf Jahre ältere Favoritin Mariia Tailakova zeigte Annett Kaufmann ebenso wie in der gesamten Endrunde als jüngste Spielerin all die Tugenden, die ihre glänzende Perspektive nicht nur im europäischen Nachwuchstischtennis unterstreichen. Trotz ihrer Jugend agiert die Linkshänderin nicht nur bereits in technischer Hinsicht weit ausgereift, besitzt hohes taktisches Verständnis, beweist in bedrohlichen Situationen eine erstaunliche Abgeklärtheit und verfügt in spielentscheidenden Momenten über die notwendige Frechheit für überraschende Schläge. Lara Broich, verantwortliche Bundestrainerin, war voll des Lobes über die gezeigten Leistungen ihres Schützlings während des gesamten Turniers: „Das war eine großartige Leistung von Annett. Sie hat das unfassbar stark gemacht. Es gab viele schwierige Situationen, jedoch hat sie diese alle durchweg super gemeistert. Hut ab, was sie in den letzten Monaten geleistet hat. Diese großartigen Ergebnisse resultieren aus vielen Jahren Schweiß und harter Arbeit im Verein, im Verband und beim DTTB. Ich freue mich riesig für sie und für alle, die im Umfeld zu diesen Erfolgen beigetragen haben. Es ist außerdem auch einfach toll, dass sie dank einer Wild Card der Europäischen Tischtennisunion überhaupt mitspielen konnte, sonst wäre sie gar nicht dabei gewesen.“
Ein sehenswertes Beispiel für ihre Ausnahmeklasse lieferte Kaufman im vorentscheidenden dritten Durchgang des Endspiels, nach Sätzen stand es 1:1. Nach Führung zu Beginn geriet der Teenager gegen die zwischenzeitlich fehlerfrei spielende Russin mit 5:9 ins Hintertreffen. Doch auch in dieser wichtigen Phase des Spiels vertraute Kaufmann ihrem Können, probierte weiter alles, wechselte Aufschläge und Platzierungen, parierte dann sogar bei 8:9 nach Auszeit der Gegnerin einen normalerweise gewinnbringenden Schmetterball ihrer Gegnerin, die, sichtlich verunsichert, keinen Punkt mehr machte. 11:9 für Kaufmann, 2:1-Satzführung – das Finale nahm seine bekannte Richtung. Die 20 Jahre alte Russin, 2015 und 2016 Vorgängerin von Kaufmann als U 15-Europameisterin und zweimal Bronzemedaillengewinnerin in der Mädchen-Konkurrenz, schaffte zwar später noch einmal den Anschluss zum 2:3, dem unwiderstehlichen Drang Kaufmanns zum Titel hatte aber auch sie nichts mehr entgegenzusetzen.
Die neue Europameisterin zeigte sich unmittelbar nach dem Gewinn ihres fünften EM-Titels im Jahr 2021 überwältigt von ihren Gefühlen: „Es ist einfach unglaublich, ich fühle mich gerade etwas überfordert von meinen eigenen Gefühlen. Die letzten Monate waren einfach so unglaublich. So viele Titel, und die meisten davon unerwartet. Ich bin im Moment einfach nur glücklich und so froh über meinen Sieg bei den U 21. Damit hatte ich definitiv nicht gerechnet und mir vorher wirklich überhaupt keinen Gedanken daran verschwendet. Das ist überwältigend.“
Die Ergebnisse von Annett Kaufmann bei der U 21-EM in Spa (Belgien):
Vorrunde Stufe 1
Annett Kaufmann – Betul Kahraman TUR 4:0 (4,8,6,10)
Annett Kaufmann – Zdena Blaskova CZE 3:4 (-10,-7,-4,7,12,7,-8)
Annett Kaufmann – Andrea Pavlovic CRO 4:1 (7,9,8,7,5)
Kaufmann erreicht als Gruppensiegerin, spielgleich mit Pavlovic, die 2. Stufe der Vorrunde
Zwischenrunde Stufe 2
Annett Kaufmann – Helga Dari HUN 4:1 (1,-13,6,3,9)
Annett Kaufmann – Sabina Surjan SRB 4:2 (7,-8,5,-6,4,9)
Annett Kaufmann – Leila Mostafavi FRA 4:2 (-8,8,-8,10,3,7)
Kaufmann erreicht als Gruppensiegerin das Achtelfinale
Achtelfinale
Annett Kaufmann – Hana Arapovic CRO 4:1 (5,6,9,-7,9)
Viertelfinale
Annett Kaufmann – Camille Lutz FRA 4:2 (-8,10,4,-7,7,9)
Halbfinale
Annett Kaufmann – Franziska Schreiner 4:1 (6,-11,9,6,14)
Finale
Annett Kaufmann – Mariia Tailakova RUS 4:2 (11,-6,9,8,-7,8)
Doppel mit Franziska Schreiner (TSV Langstadt)
Damen-Doppel, Achtelfinale
Kaufmann/Schreiner – Gabriela Dyszkiewicz/Julia Szymcziak POL 3:0 (6,4,7)
Damen-Doppel, Viertelfinale
Kaufmann/Schreiner – Elizabet Abraamian/Mariia Tailakova RUS 1:3 (-7,9,-9,-6)